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„Es ist nie alternativlos“ - Wie Vater und Tochter den Generationswechsel im Unternehmen gestalten

Ein kleines Mädchen sitzt auf dem Boden und steckt bunte Lego Duplo-Steine zusammen. Leise spricht sie vor sich hin, kommentiert ihr Spiel, zuckt ab und zu mit den Schultern oder schüttelt den Kopf. Hinter ihr ragt ein Schreibtisch auf, ein mächtiges Möbel aus dunklem Holz. Dahinter steht ein älterer Herr. Seine Brille rutscht ihm auf die Nasenspitze, während er dem Kind zuschaut, mit einem stillen Lächeln. „Johanna“, sagt er, während er die Lade seines Schreibtisches öffnet. „Ich finde, wir haben uns jetzt eine kleine Schokolade verdient. Was meinst du?“

Ein Büro, mehrere Generationen

Der Schreibtisch mit dem Lego-Fach ist längst ausgezogen. Das Büro, in dem Johanna Eichler, geborene Bumiller, mit ihrem Großvater Schokolade aß, ist heute das Reich ihres Vaters, Dr. Franz Xaver Bumiller. Gemeinsam mit ihm sitzt sie am Tisch eines Besprechungsraumes, ein Stockwerk unter diesem Büro. Es wird voraussichtlich irgendwann ihres werden: Vor etwa zwei Jahren hat sich die 30-Jährige entschieden, ins Familienunternehmen efix einzusteigen. Von langer Hand geplant war das nicht: Johanna Eichler hat Wirtschaft und Informatik in München studiert, beim Fernsehen und im Medienbereich gearbeitet. „Meistens finden die Aufgaben mich, weil sie mir Spaß machen, weil ich sie mir zu eigen mache.“ Über ihren Mann kam Johanna Eichler in den IT-Bereich: Er hatte gerade ein Start-up gegründet, sie übernahm unter anderem Solution Engineering und Customer Success. „Ich habe mich darum gekümmert, dass wir unsere Software-Lösungen so lange angepasst haben, bis sie die Anforderungen unserer Kunden möglichst perfekt abgebildet haben.“ Ihr Augen leuchten, als sie fortfährt: „Ich war zufrieden, wenn der Verantwortliche, der die Software im Unternehmen eingeführt hat, befördert wurde – und die Abteilung erfolgreich und reibungslos damit arbeiten konnte.“ Ihre Eltern, so sieht es Johanna Eichler, hatten dieselbe Aufgabenstellung, nur in einem anderen Bereich: Es geht darum, Frauen ein gutes Gefühl zu geben, dafür zu sorgen, dass sie ein neues Lieblingsshirt haben. efix stellt Damenoberbekleidung her, kurz DOB. Die Abkürzung bedurfte vor drei Jahrzehntsen auf der Schwäbischen Alb noch keiner Erklärung. „Als ich 1988 ins Unternehmen meines Vaters gekommen bin, hatten wir in unmittelbarer Nähe noch rund 45 Mitbewerber“, erinnert sich Dr. Franz Xaver Bumiller. „Heute sind es ein bis zwei.“

„Links gehen, wenn alle anderen nach rechts laufen“

„Ende der 1980er lautete die Überzeugung des Verbandes, dass wir ohne Auslandsproduktion und Vollzukauf keine Überlebenschance hätten“, berichtet Dr. Franz Xaver Bumiller. Die Textilindustrie wanderte aus der Region ab, verlagerte ganze Unternehmen. efix hat sich fürs Gegenteil entschieden: sich auf Regionalität und Partnerschaften vor Ort konzentriert. Sein Garn bezieht efix seit Jahrzehnten von der Spinnerei Gebr. Otto in Dietenheim bei Ulm. Strickerei und Konfektion erfolgen in Österreich und in europäischen Nachbarländern. Zentrale Prozessschritte hat efix nie ausgelagert, sondern im eigenen Haus behalten. „Nur so haben wir echten Einfluss auf unser Produkt.“ Das Unternehmen hat sich erfolgreich eine Nische erschlossen, „durch Qualität, Passform und Design“ und ist mit seinen Produkten selbst in den Handel gegangen. Strategisches Vorausdenken bedeutet für Dr. Franz Xaver Bumiller vor allem eines: Einmal gesteckten Zielen treu zu bleiben, anstatt sie über den Haufen zu werfen, „sobald der Weg schwierig wird“.

Nie alternativlos

Sein Weg ins Familienunternehmen sei nicht vorgezeichnet gewesen, berichtet Dr. Bumiller: Ende der 80er Jahre hatte er sein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit einer Promotion abgeschlossen. Seine Frau arbeitete als Designerin. Gemeinsam entschieden sich die beiden für die Selbstständigkeit. „Den Arbeitsvertrag von Daimler-Benz habe ich also beiseitegelegt“, erinnert sich Seniorchef Dr. Bumiller. Seine Tochter hakt ein: „Ich denke, dass bei einem solchen Schritt die Klarheit wichtig ist, dass es ein Versuch ist. Natürlich stellen wir uns der Verantwortung und geben unser Bestes, aber eine Garantie gibt es nie.“ „Es ist eine freiwillige Entscheidung, die bei uns beiden nie alternativlos war und ist“. Dr. Bumillers Entgegnung kommt schnell. „Der zweite Faktor ist die Übernahme ohne Erwartungshaltung seitens der Eltern und ohne Druck, freiwillig, aus eigenem Ermessen.“

Digitalisierungsanalyse im eigenen Familienunternehmen

„Ich habe in Johanna denselben Drang gefühlt wie damals bei mir“, erzählt Dr. Bumiller, der das Thema bei einem Spaziergang angesprochen hat. Seine Tochter stimmt zu: „Für meinen Mann und mich bildete die Selbstständigkeit von Anfang an den zentralen Baustein unserer beruflichen Laufbahn.“ Als externe IT-Experten kommen die beiden Eichlers für zwei Wochen ins Unternehmen, um eine Digitalisierungsanalyse vorzunehmen, also die Prozesse kennenzulernen und sie digitaler zu machen. „Wir haben so einen tiefen Einblick bekommen, weil wir mit allen Mitarbeitenden offen sprechen konnten, über positive wie negative Aspekte.“ Nach diesen 14 Tagen war für Johanna Eichler klar, dass es bei efix viele Aufgaben für sie gibt, ebenso wie die Menschen, mit denen sie sie angehen möchte: „Es hat sich eine Art Wohlgefühl eingestellt.“

Aufgabenverteilung

Johanna Eichler verantwortet bei efix die Bereiche IT, Personal und Marketing. Den Wandel im IT-Bereich beschreibt sie als „leise, nach innen wie nach außen“. Derzeit arbeiten sie die Aufgaben aus ihrer Digitalisierungsanalyse ab. „Diese Innovation ist dann erfolgreich, wenn sie leise bleibt.“ Lauter ist es indes im Marketing geworden. Diesen Bereich gab es früher nicht. Ein Marketing-Projekt, das Johanna Eichler initiiert hat, ist ein Fotoshooting mit den Mitarbeitenden. Dieselben Frauen, die beispielsweise für den Schnitt eines Shirts verantwortlich sind, traten als Models vor der Kamera. „Das erfordert Mut, denn es offenbart viel von der eigenen Persönlichkeit,“ so Eichler. „Gleichzeitig zeigt es unseren Kundinnen, dass sie sie bei uns kein anonymes Produkt bekommen, sondern Mode mit eigener, persönlicher Handschrift.“ Für das Design der Linien efixelle und Zaída ist wie bisher Johannas Eichlers Mutter zuständig. Dr. Franz Xaver Bumiller verantwortet die Produktion, die Zusammenarbeit mit den Lieferanten, die Qualitätsentwicklung.

„Loslassen ist ein Glücksgefühl“

Einen Fünf-Jahres-Plan, wie der Generationswechsel weiter von Statten gehen soll, haben Vater und Tochter nicht. „Das planen wir jeden Tag neu“, sagt Johanna Eichler – und muss lachen. „Im Ernst: Der Übergang ist fließend.“ Ein Problem mit dem eigenen Rückzug hat Dr. Bumiller nicht. Er freut sich aufs Loslassen, habe immer gerne losgelassen, wenn er das Gefühl gehabt habe, dass sein Eingreifen nicht notwendig sei. „Genau dieses Gefühl habe ich bei meiner Tochter. Deshalb ist Loslassen ein Glücksgefühl.“

Freiheit in der Verantwortung

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für die junge Chefin, ähnlich wie damals bei ihrem Vater, anspruchsvoll. Sie erkennt in der Unsicherheit ein Stück Freiheit: „Wir führen das Unternehmen nach bestem Wissen und Gewissen. Wir werden richtige und falsche Entscheidungen treffen. Aber gerade, weil sich über Nacht alles ändern kann, ist es wichtig, nach vorne zu gehen.“ Nach vorne zu gehen, das umfasst für Eichler drei Punkte: Moderne Technologien und KI sollen die Effizienz des Mittelständlers unterstützen. Die engen, vertrauensvollen Partnerschaften mit Lieferanten will sie weiter stärken und intensiv nutzen; sie sieht darin eine Antwort auf globale Herausforderungen. Drittens arbeitet efix an Lösungen, um Mode herstellen zu können, die auch ökologisch zukunftsfähig ist. Johanna Eichler lächelt: „Ich denke, so können wir die Stärken unseres Unternehmens ins nächste Jahrzehnt übertragen.

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